077 | Die büßende Maria Magdalena

Bezeichnung/Titel
Die büßende Maria Magdalena
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
077
Inventarnummer (BStGS)
293
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1934
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
1700/1706
Material
Leinwand
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
99,9 x 72,3 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 15
Kurztitel
Seite
S. 24-25
Kurztitel
Seite
S. 106, Nr. 256
Kurztitel
Seite
S. 88, Nr. 483
Kurztitel
Seite
S. 84, Nr. 483
Kurztitel
Seite
S. 80, Nr. 309
Kurztitel
Seite
S. 533
Kurztitel
Seite
Nr. 881
Kurztitel
Seite
Nr. 618
Kurztitel
Seite
Nr. 19
Kurztitel
Seite
S. 92, Nr. 433
Kurztitel
Seite
S. 74, Nr. 433
Kurztitel
Seite
S. 8
Kurztitel
Seite
S. 90, Nr. 4
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Maria Magdalena sitzt trauernd vor einer dunklen Landschaft.

Nach den Evangelien treibt Jesus Maria Magdalena Dämonen aus. Daraufhin folgt sie Christus nach und sorgt mit für den Unterhalt der Jünger. Diesen berichtet sie auch von der Auferstehung Christi und dem leeren Grab.

Die „büssende Maria Magdalena“ stützt mit der rechten Hand ihren Kopf, während sie mit der Linken einen Totenschädel hält. Beleuchtet wird dies durch eine Öllampe auf Augenhöhe, sodass nur spärlich Reflexe entstehen. Die Komposition ist als Dreieck angelegt, ähnlich der etwa dreißig Jahre früheren „Büßenden Magdalena“ des Nationalmuseums, Warschau (Beherman 1988, S. 101).

Auf solche Beleuchtung greif Schalcken öfters zurück, wie etwa bei seinem „Selbstporträt" (Art Gallery, Leamington Spa) oder seiner weiteren „Maria Magdalena" (Museumslandschaft Hessen, Kassel). Bei letzterer blickt sie aus dem Bild und hält den Schädel in beiden Händen. Sie ist dort nicht mehr weinend, sondern nachdenklich dargestellt.

Es handelt sie hier um einen speziellen Typus, den Schalcken den anderen Typen, die Maria nackt und behaart zeigen oder als Attribut das Salbgefäß und Bibel beigeben, vorzieht. Meist wird sie zudem jünger dargestellt, wie bei die lombadische „reuige Magdalena" (Nr. 106). Die offenen Haare sind ikonografisch häufig anzutreffen und verweisen auf ihre Sünden. Der Schädel dagegen symbolisiert die Buße – diesen findet man häufig beim büßenden Hieronymus, während der Kopf in der Hand einen antiken Trauergestus rekurriert. Die Trauer wird durch eine Träne unter ihrem rechten Auge beim vorliegenden Gemälde offensichtlich.

Es handelt sich hier zudem um ein „Nachtstück“, deren Reiz und malerisches Können durch Wiedergabe des Licht- und Schattenspiels auf unterschiedliche Materialien beruht (Trnek 1992, S. 348). Mit den Nacht-/Kerzenlichstücken erlangt Schalcken Ende des 17. Jahrhunderts internationalen Ruhm (Franits 2004, S. 245). Weitere Nachtstücke in der Erlanger Sammlung sind "Ruhe auf der Flucht" (Nr. 70), "Ein Junge versucht einem Mädchen die Kerze auszublasen" (Nr. 78) und "Die Anbetung der Hirten" (Nr. 84).

Alexander Steinmüller

Kurztext

Godfried Schalcken (1643-1706) zeigt eine „büssende Maria Magdalena“ als Nachtstück. Mit dieser Art von Gemälden erlangte Schalcken Ende des 17. Jahrhunderts internationalen Ruhm. 

Maria Magdalena, die bekannteste Frau unter den Jüngern Jesu, ist die erste, die von dessen Auferstehung berichtet. Sie ist im Typus der bereuenden Sünderin dargestellt, weinend vor einer dunklen Landschaft sitzend. Während sie im Gestus der Melancholie ihren Kopf mit der rechten Hand hält, stützt sie sich mit der linken auf einen Totenschädel. Beleuchtet wird sie durch eine Öllampe auf Augenhöhe, wodurch nur spärliche Reflexe entstehen. In dieser Version wird ein außergewöhnlicher Magdalenen-Typus dargestellt, da sie üblicherweise jünger und mit anderen Attributen gezeigt wird, wie z. B. im Gemälde eines lombardischen Künstlers in der Erlanger Galerie (Nr. 106).

Alexander Steinmüller

Anmerkung

Reber 1906: „Die büssende Magdalena. Eine Lampe erleuchtet die Grotte, in der die Heilige weinend sitzt, die Rechte auf einen Totenkopf legend, und mit der Linken das Haupt stützend. Bezeichnet rechts unten: G. Schalcken. - Halbfigur.“ (S. 15)

Bulle 1906: "Dies Geheimnisvolle, das der treffliche Schüler in unserem Bilde dem Meister so verständnisinnig nachgetan hat, wird vielleicht am besten empfunden, wenn man die daneben hängende büßende Magdalena von Godfried Schalcken vergleicht (Nr. 77). Der Effekt ist ganz ähnlich: die Büßerin hell beleuchtet von der Flamme eines Lämpchens, das sein Licht auf Arm, Stirn und Wange wirft. Aber wie grell, wie roh! Und die halbhell beleuchteten Teile (rechter Arm, linkes Knie), wie unharmonisch sind sie in der Gewichtsverteilung, wie sehr vermißt man die rhythmische Führung des Blickes, die Rembrandts Geheimnis ausmacht, wie unorganischund unvermittelt wirkt hier das Hell auf dem Dunkel. Dazu die glatte gelckte Art, in der Gesicht und Hand modelliert sind. Dieser Maler will alles recht deutlich machen, aber es kommt einem der Ausspruch eines klugen Franzosen in den Sinn: "Das sicherste Mittel, um zu langweilen, ist alles zu sagen." (S. 24-25)