084 | Die Geburt Christi

Bezeichnung/Titel
Die Geburt Christi
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
084
Inventarnummer (BStGS)
254
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1922
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
1706
Material
Eichenholz
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
81,3 x 57,5 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 17
Kurztitel
Seite
S. 32-33
Kurztitel
Seite
S. 196
Kurztitel
Seite
S. 14
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Bei der „Anbetung der Hirten“ (Lk 2,15-20) von Adriaen van der Werff (1659-1722) handelt es sich um die vierte hochformatige Darstellung aus der Folge der sog. „Mysterienbilder“ (vgl. Nr. 83-90). Das als Nachtstück gefertigte Gemälde – vom Künstler selbst als „heel goed“ (Gaehtgens 1987, S. 313) bezeichnet – zeigt vier Hirten, die sich unter schlaglichtartiger Beleuchtung an der Krippe des Christuskindes versammelt haben. Die rechts kniende Maria präsentiert das von einem himmlischen Lichtstahl erleuchte Neugeborene und der dahinter stehende Joseph hält eine schwach leuchtende Kerze, vor deren Helligkeit er sich mit seiner Rechten zu schützen versucht. Darüber hinaus schweben am oberen Ende des himmlischen Lichtkegels zwei entzückte Putten, während die umgebende Landschaftsdarstellung in völliger Dunkelheit verschwindet. Die Signatur des Künstlers und die Jahreszahl 1706 sind am unteren Bildrand (auf dem Stein rechts der Mitte) festgehalten (Eikemeier 1972, S. 20, Nr. 19).

Werff bereitete die Darstellung bereits in seiner Florentiner Fassung (Galleria degli Uffizi) derselben Erzählung von 1703 vor. Als verbindende Elemente der beiden Gemälde gelten die nächtliche Szenerie, dieselbe Figurenanzahl und eine ähnliche Komposition. Auffallend verändert wurde dagegen die Pose des vordersten Hirten: Vermutlich übernahm Werff den knienden Schafhirten – der den Kopf zum Boden gesenkt und die Hände vor dem Körper gefaltet hat – von einem Stich nach der Anbetung Poussins, der ihm möglicherweise vorgelegen hat (Gaehtgens 1987, S. 313). Daneben könnte auch Rembrandts Darstellung desselben Motivs (1606, heute Alte Pinakothek in München, Inv.-Nr. 393), die sich zur Entstehungszeit wahrscheinlich in der Düsseldorfer Galerie befunden hatte, für einige Anregungen gesorgt haben (Eikemeier 1972, S. 20, Nr. 19). Schließlich sieht Gaehtgens auch antike Vorbilder hinter der Gewanddarstellung der Muttergottes und dem Kopf des greisen Hirten (Gaehtgens 1987, S. 313).

Werff schuf die Darstellung im Jahr 1706 (Baumstark 2005, S. 125) und überbrachte sie in selbigem Jahr vermutlich persönlich nach Düsseldorf zum Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (1658-1716), der die Folge in Auftrag gegeben hatte (Gaehtgens 1987, S. 312). Letzterer hatte – wie bei Eikemeier nachzulesen – den in Rotterdam tätigen Künstler im Jahr 1696 erstmals mit Darstellungen beauftragt und da das Resultat scheinbar zufriedenstellend gewesen war, ernannte er ihn schließlich zum Hofmaler. Hierdurch erhielt Werff ein jährliches Gehalt von 4.000 Gulden und unternahm viele Reisen nach Düsseldorf, zum Sitz des Kurfürsten. Mit der Auftragsvergabe der hier beschriebenen Mysterienbilder im Jahr 1703 wurde der Kontrakt dahingehend verändert, dass sich der Künstler nun neun Monate im Jahr den Aufträgen des Kurfürsten widmen sollte. Zudem erhielt er ab diesem Zeitpunkt 12.000 Reichstaler pro Jahr für seine Arbeit am Fürstenhof (Eikemeier 1972, S. 7; Windisch 2019, S. 106).

Katharina Hefele

Kurztext

Adrian van der Werff (1659-1722) vereint in seiner „Anbetung der Hirten“ die Gattung der Nachtstücke mit dem Genre der Historienmalerei, wodurch es zum exemplarischen Repräsentanten dieser Richtungen in der Erlanger Lehrsammlung wurde. Der Rotterdamer Künstler überbrachte die Darstellung, die er selbst als „heel goed“ (dt. sehr gut) bezeichnete, vermutlich persönlich nach Düsseldorf zum Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz (1658-1716). Letzterer hatte diese als Teil einer 15-teiligen Folge – der sog. „Mysterienbilder“ – in Auftrag gegeben, wovon sich acht Gemälde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Erlangen befanden, vgl. Nr. 83-90.

Katharina Hefele

Anmerkung

Reber 1906: „Die Geburt Christi. Das neugeborene Kind wird von Maria den anbetenden Hirten gezeigt, dahinter Joseph. Das von dem Kinde ausgehende Licht beleuchtet die Gruppe. Bez. unten mit Namen und 1706.“ (S. 17)

Bulle 1906: "Adrian van der Werff (1659-1722), weiland Hofmaler des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz in Düsseldorf. Er war durch diese Eigenschaft in der Düsseldorfischen Bildersammlung, die später nach München kam, überreich vertreten und wir haben infolgedessen nicht weniger wie acht Bilder von ihm (Nr. 83-90), Darstellungen aus der Geschichte Christi. Wenn man sich klar machen will, was im Künstlerjargon unter einem "akademischen" Maler verstanden wird, so studiert man Werff. Er kennt alle großen Gesten und Posen, die die Italiener erfunden haben, er beherrscht jeglichen Lichteffekt, den Correggio und Rembrandt erdachten, er versteht sämtliche Gegenstände der Mythologie, der Religion und des wirklichen Lebens darzustellen. Alles das malt er mit größter Sorgfalt, Schönheit und Eleganz, und so wurde er einer der berühmtesten Maler seiner Zeit; man hat ihn damals für den eigentlichen Vollender der Kunst gehalten. Ein Bild wie die Geburt Christi (Nr. 84) ist in der Tat nicht unerfreulich. Aber wenn man, wie wir jetzt, hinter all diesen gewandten Können die echten Vorbilder sieht, aus denen er seine Rezepte geholt hat, so wird man nicht warm mit ihm. Denn es fehlt das, was auch beim Künstler immer das beste ist: das eigene Erleben und Empfinden, die Seele." (S. 32-33)

Reber 1913: Bezeichnet wie 83 (S. 196).

Haack 1921/22: Bezeichnet wie 83 (S. 14).