086 | Christus als Knabe unter den Pharisäern und Schriftgelehrten im Tempel

Bezeichnung/Titel
Christus als Knabe unter den Pharisäern und Schriftgelehrten im Tempel
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
086
Inventarnummer (BStGS)
236
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1934
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
1708
Material
Holz
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
81,6 x 57,5 cm
Inschrift
links unten Signatur und Datierung "1708"
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 32-33
Kurztitel
Seite
S. 17
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

In der hochformatigen Darstellung eines Tempelinnenraums steht der zwölfjährige Jesusknabe umgeben von Gelehrten (Lk 2, 41-52). Während der rechte Zeigefinger disputierend nach oben weist, ist der Kopf des Gottessohnes – der exakt im Mittelpunkt des Gemäldes liegt – zu einem bärtigen Gelehrten am rechten Bildrand gewandt. Letzterer lehnt sich auf ein Pult mit vielen Schriften und blickt den jungen Redner mit ehrfürchtiger Haltung an. Die Gesten der übrigen, aufmerksam lauschenden Umstehenden sind nachdenklicher oder erstaunter Art, sofern sie nicht wie im Hintergrund in eine eigene Diskussion verwickelt sind. Links unten wurde die Darstellung mit Signatur und Jahreszahl („1708“) bezeichnet (Eikemeier 1972, S. 20, Nr. 21).

Anregungen für die disputierende Christusfigur geht auf eine Radierung mit dem Titel „Sapientia Unigena Dei Maximi(Fine Arts Museums of San Francisco, Inv.-Nr. 1963.30.1388) von Gérard de Lairesse zurück (Gaehtgens 1987, S. 309): Trotz völlig unterschiedlicher Umgebung – hier ist der junge Christus in ein Gespräch mit seinen Eltern und der heiligen Anne vertieft –, ist die Körperhaltung sehr ähnlich.

Laut der Biografie, die mit eigenhändigen Bemerkungen des Künstlers versehen ist, fiel es Adriaen van der Werff (1659-1722) außerordentlich schwer, für die Schriftgelehrten dieser Darstellung geeignete bärtige Modelle zu finden. Schließlich soll ein zufällig angetroffener Bettler als Vorbild gedient haben (Gaehtgens 1987, S. 317). Mit dem Resultat schien der Niederländer schließlich sehr zufrieden gewesen zu sein, da er dieser Darstellung die Notiz „ook en de beste“ (Ebd., S. 457, Dok. 17) beifügte. Dieses hohe Lob erfuhren aus allen Gemälden der 15-teiligen Folge der Mysterienbilder weiterhin nur „Die Darbringung im Tempel“ (Nr. 85) sowie zwei nicht in der Erlanger Sammlung ausgestellte Darstellungen – die „Kreuztragung Christi“ (Alte Pinakothek, München, Inv.-Nr. 240) und „Christus am Kreuz(Alte Pinakothek, München, Inv.-Nr. 223) (Ebd.).

Katharina Hefele

Kurztext

Der 12-jährige Jesus im Tempel ist in eine Diskussion mit den Schriftgelehrten vertieft, die ihm nachdenklich zuhören oder miteinander diskutieren. Laut der überlieferten Biografie zu Adrian van der Werff (1659-1722), die der Künstler selbst mit eigenhändigen Kommentaren versah, gestaltete sich die Modellsuche für die bärtigen weisen Männer äußerst schwierig. Schließlich soll er auf einen zufällig angetroffenen Bettler als Vorbild zurückgegriffen haben.

Katharina Hefele

Anmerkung

Reber 1906: „Christus als Knabe unter den Pharisäern und Schriftgelehrten im Tempel. Bez. links unten mit Namen und 1708." (S. 17)

Bulle 1906: "Adrian van der Werff (1659-1722), weiland Hofmaler des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz in Düsseldorf. Er war durch diese Eigenschaft in der Düsseldorfischen Bildersammlung, die später nach München kam, überreich vertreten und wir haben infolgedessen nicht weniger wie acht Bilder von ihm (Nr. 83-90), Darstellungen aus der Geschichte Christi. Wenn man sich klar machen will, was im Künstlerjargon unter einem "akademischen" Maler verstanden wird, so studiert man Werff. Er kennt alle großen Gesten und Posen, die die Italiener erfunden haben, er beherrscht jeglichen Lichteffekt, den Correggio und Rembrandt erdachten, er versteht sämtliche Gegenstände der Mythologie, der Religion und des wirklichen Lebens darzustellen. Alles das malt er mit größter Sorgfalt, Schönheit und Eleganz, und so wurde er einer der berühmtesten Maler seiner Zeit; man hat ihn damals für den eigentlichen Vollender der Kunst gehalten. Ein Bild wie die Geburt Christi (Nr. 84) ist in der Tat nicht unerfreulich. Aber wenn man, wie wir jetzt, hinter all diesen gewandten Können die echten Vorbilder sieht, aus denen er seine Rezepte geholt hat, so wird man nicht warm mit ihm. Denn es fehlt das, was auch beim Künstler immer das beste ist: das eigene Erleben und Empfinden, die Seele." (S. 32-33)