075 | Früchtestück

Bezeichnung/Titel
Früchtestück
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
075
Inventarnummer (BStGS)
ex 2099
Inventarnummer (aktuell)
12580
Aktueller Aufbewahrungsort
Städtische Kunstsammlungen, Augsburg
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1934
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
1714
Material
Leinwand
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
97 x 132,2 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 15
Kurztitel
Seite
S. 31-32
Kurztitel
Seite
S. 197-198
Kurztitel
Seite
S. 14
Kurztitel
Seite
S. 256, Nr. 409
Kurztitel
Seite
Nr. 18
Kurztitel
Seite
S. 541f.
Seite
S. 316, Nr. 37
Kurztitel
Seite
Nr. 34
Seite
Nr. 31
Kurztitel
Seite
Nr. 14
Kurztitel
Seite
Nr. 214
Kurztitel
Seite
Nr. 83
Kurztitel
Seite
Nr. 2351
Kurztitel
Seite
Nr. 1037
Kurztitel
Seite
S. 454, Nr. 31
Kurztitel
Seite
S. 135, Nr. 658
Kurztitel
Seite
S. 141, Nr. 658
Kurztitel
Seite
S. 186
Kurztitel
Seite
S. 231, Nr. 195
Kurztitel
Seite
Nr. 27
Abbildungsnachweis
Wikimedia commons: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rachel_Ruysch-Fruit_and_Flowers_in_a_Forest_1714.jpg - CC0
Eigentümer
Karl und Magdalena Haberstock-Stiftung
Wissenschaftliche Diskussion

Auf einer Steinbank, vor einer Waldlandschaft, steht ein Blumenstrauß mit unterschiedlichen Pflanzen, wie Tulpen, Rosen, Päonien und Getreide, davor ein umgefallener Korb mit diversen Früchten, darunter Trauben, Pfirsiche, Pflaumen, aufgeschnittene Granatäpfel und Mais. Links dahinter sitzen Buchfinken im Nest. Zu diesen gesellen sich, Raupen, Schnecken, Eidechsen und Schmetterlinge, wie zum Beispiel ein Kohlweißling. Die Tulpen stehen oftmals für Reichtum und Vergänglichkeit. Zudem belegen diese die Fähigkeit Rachel Ruyschs Flora und Fauna detailreich wiederzugeben. Dies wird besonders deutlich bei den Weintrauben, während die hellgrünen Trauben leicht transparent wirken, sind die Blauen flaumig dargestellt.

Das Werk von 1714 ist für des Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz angefertigt worden und greift frei zwei Werke auf, die sie bereits 1711 für den Fürsten der Toskana Cosimo III. de´Medici geschaffen hatte. Dort finden sich im einen zwar „Früchte und Insekten“ (Uffizien/Florenz), aber keine Blumen. Diesen werden im zweiten Werk ähnlich arrangiert (Chong/Kloek 1999, S. 281f.). Aber nicht nur einzelne Werke ihres eigenen Oeuvres kann sie zu neuem kombinieren, sondern sie greift auf die gesamten holländischen Blumenstillleben zurück.

So greift Ruysch Jan de Heem auf, indem sie Früchte hinzufügt, und Willem van Aelst, der asymmetrisch komponiert, auf (Trnek 1992, S. 335). Die vielen Insekten, die das Bild beleben, gehen auf Otto Marseus van Schrieck und Abraham Mignon zurück (Chong/Kloek 1999, S. 281). Rachel Ruysch (1663-1750) konnte mit ihrer Weiterentwicklung der holländischen Blumenstücke, die durch den Zusammenbruch der Tulpenhysterie 1637 an Bedeutung verloren, diese Gattung neu beleben und nachhaltig prägen. Die Tulpe war in den Niederlanden der 1630er Jahre Spekulationsobjekt an der Börse und in Bildern Statussymbol, aber nach dem Börsenzusammenbruch lange Zeit nicht mehr beliebt als Darstellungsobjekt. So findet sich das „Früchtestück“ in der Sammlung als Beispiel für die (gesamte) Darstellungstradition holländischer Blumenstillleben.

Alexander Steinmüller

Kurztext

Rachel Ruysch (1663-1750) kann mit ihren Werken die holländischen Blumenstücke, die durch den Zusammenbruch der Tulpenhysterie 1637 an Bedeutung verloren, weiterentwickeln und nachhaltig prägen. Die Tulpe war in den Niederlanden der 1630er Jahre Spekulationsobjekt an der Börse und in Bildern Statussymbol, verlor aber nach dem Zusammenbruch an Beliebtheit.

Ruysch zeigt mit ihrem „Blumen- und Früchtestillleben“ eine Vielzahl von Blumen, wie Tulpen, Rosen, Päonien sowie Gerste und diverse Früchte, darunter Trauben, Pfirsiche, Pflaumen, aufgeschnittene Granatäpfel und Mais. Zu diesen gesellen sich Raupen, Schnecken, Eidechsen, Vögel und Schmetterlinge.

Alexander Steinmüller

Anmerkung

Reber 1906: „Früchtestück. Am Fusse einer Steinbank, auf welcher ein Blumenkorb, liegen Melonen, Trauben, Pfirsiche, Granatäpfel, Pflaumen, Haselnüsse und ein Maiskolben. Links oben ein Vogelnest. Bezeichnet links unten: Rachel Ruysch.“ (S. 15)

Bulle 1906: „Den Beschluß macht eine Dame, Rachel Ruysch von Amsterdam, mit zwei großen Stilleben (Nr. 74, 75). Der Begriff des Stillebens ist nordischen Ursprungs, die Italiener kennen es nicht; es erwächst aus jener Liebe zum Objekt, die wir in der Einleitung zur holländischen Malerei gekennzeichnet haben. Der stille Zauber, der in den glühenden Farben schön gruppierter Blumen und Früchte lebt, liegt dem weiblichen Temperament auch heute noch besonders gut. Rachel Ruysch, die einzige Frau, die sich in der holländischen Malerei hervorgethan hat, schein keinen allzu lebhaften Sinn für Harmonisieren der Farben gehabt zu haben. Dafür hat sie aber ihre Gegenstände mit der liebevollsten Hingebung gemalt; die glasige Durchsichtigkeit der weißen Trauben und die pelzige Haut der blauen ist schlechtweg meisterhaft gelungen (Nr. 75)“ (S. 31-32)

Reber 1913: „Das Blumen- und Früchtestück endlich vertreten zwei Gemälde der Rachel Ruysch aus Amsterdam (1664 bis 1750), einer Schülerin des Willem von Aelst, längere Zeit neben A. van der Werff Hofmalerin in Düsseldorf. Das eine, bezeichnet mit dem vollen Namen und 1709, stellt einen Blumenstrauß in einer Glasvase (wie das folgende aus der Mannheimer Galerie), das andere gleichfalls bezeichnete Bild außer einem Blumenkorb verschiedene Früchte und ein Vogelnest dar.“ (S. 197-198)

Haack 1921/22: „So sollte letzten Grundes im beginnenden 18. Jahrhundert, an der Schwelle des Rokoko-Zeitalters höfischen französierenden und italienisch-antikisierenden Einflussen die ursprünglich kerndeutsche, durch und durch gesunde, volkstümlich bürgerliche Kunst der holländischen Malerei erliegen. Nur im Blumenbild und Früchtestück hat sie sich noch lange frisch und lebensvoll erhalten, wie besonders, auch in Erlangen, die Bilder von Rachel Ruysch beweisen, obwohl auch sie Hofmalerin zu Düsseldorf gewesen ist.“ (S. 14)