078 | Mutwillen

Bezeichnung/Titel
Mutwillen
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
078
Inventarnummer (BStGS)
292
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1934
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
1699/1706
Material
Leinwand
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
80 x 64,8 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 15
Kurztitel
Seite
S. 25
Kurztitel
Seite
S. 196
Kurztitel
Seite
S. 13
Kurztitel
Seite
S. 106, Nr. 258
Kurztitel
Seite
S. 8
Kurztitel
Seite
S. 88, Nr. 481
Kurztitel
Seite
S. 83, Nr. 481
Kurztitel
Seite
Bd. 2, S. 536
Kurztitel
Seite
Nr. 932
Kurztitel
Seite
Nr. 617
Kurztitel
Seite
Nr. 65
Kurztitel
Seite
Nr. 302
Kurztitel
Seite
S. 6, Nr. 300
Kurztitel
Seite
S. 92, Nr. 434
Kurztitel
Seite
S. 74, Nr. 434
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das Bild von zwei jungen Frauen im Dunkel scheint in Bewegung. Die Vordere ist in einen seidenen, mit Blumenmuster geschmückten Mantel gekleidet. Sie blickt den Betrachter an und versucht eine flackernde Kerze mit ihrer linken Hand effektvoll verdeckt vor dem zweiten Mädchen zu schützen, das versucht, diese über die linke Schulter der Kerzenhalterin auszupusten. Die Handhaltung entspricht der, des Werkes „Junge Frau, die eine Kerze hält“ (1695-1698, Inv. Nr. 1118) im Palazzo Pitti. Ihre beiden Gesichter werden von der Lichtquelle von schräg unten erhellt.

Sind die Gesichter weniger differenziert ausgestaltet, so lässt sich nur schwerlich entscheiden, ob es sich bei der zweiten Figur um ein Mädchen (Reber 1904) oder um einen Knaben (Baumstark 2009, S. 106) handelt, ist der Brokatstoff der Frau virtuos dargestellt. Gerade die Materialität und deren Unterschiedliche Beleuchtung macht den Reiz der „Nachtstücke“ aus (Trnek 1992, S. 348).

Mehrere Kopien sind bekannt, publiziert bei Beherman oder der Gemälde-Galerie Abels (Beherman 1988, S. 302f.). Denn Ende des 17. Jahrhunderts erlangte Schalcken internationalen Ruhm für seine Kerzenlicht-/Nachtstücke, welche so auch in der Erlanger Sammlung nicht fehlen durften (Franits 2004, S. 245).

Alexander Steinmüller

Kurztext

In einem völlig dunklen Raum wirft nur eine Kerze Licht auf die Gesichter zweier junger Frauen, die im Ausschnitt eines Brustbildes ganz nah in die vorderste Bildebene rücken. Eine der beiden blickt direkt auf ein Gegenüber vor dem Bild. Dabei schirmt sie die Flamme in ihrer Lampe mit einer Hand ab, während ihre Begleiterin, deren Kopf im Profil aus dem Dunkel auftaucht, die Flamme mit ihrem Atem zum Flackern bringt. Besonders die Kleidung der Figuren wird, wie es für solche „Nachtstücke“ typisch ist, virtuos im Lichtspiel dargestellt. Godfried Schalcken (1643-1706) erlangte mit Nachtstücken wie diesem oder dem anderen Werk der Erlanger Galerie (Nr. 77), internationalen Ruhm.

Alexander Steinmüller

Anmerkung

Reber 1906: „Mutwillen. Ein Mädchen sucht einer Genossin die Kerze auszublasen, welche die Letztere mit der Linken schützt. Bezeichnet rechts unten: G. Schalken. - Halbfiguren.“ (S. 15)

Bulle 1906: „Besser ist der andere Schalcken, Nr. 78, ein Mädchen, dem ein anderes die Kerze ausblasen will. Es ist feiner und zusammenhängender in der Lichtführung; auch ist mehr Farbe darin, ein dunkelgrünes Gewand mit rotviolettem Seidenfutter. Gut sind die Reflexe auf dem Leuchterfuß und die durchleutete Hand, obzwar das etwas billige Effekte sind. Im Ganzen hat das Bild etwas feines und liebenswürdiges, auch schon durch den schalkhaften Gegenstand.“ (S. 25)

Reber 1913: (Bezeichnet wie 77) „[…] verhältnismäßig besser der Maler künstlicher Beleuchtung, Gottfried Schalcken (1641 - 1706), der Schüler des S. Hoogstraeten und G. Dou. Läßt auch dessen büßende Magdalena kalt (aus Mannheim), so erscheint in einem zweiten Bilde mit den beiden Mädchen, von welchen die eine mit der Hand ihr Kerzenlicht gegen den Mutwillen des anderen zu schützen sucht, die durchscheinende Hand gut nach der Natur beobachtet.“ (S. 196)

Haack 1921/22: (bezeichnet wie 77) „Aus Schalckens Gemälden weht uns schon etwas vom kommenden Rokoko-Geist entgegen. Das Urkräftige, das Kerngesunde, das Volkstümliche, das Holländische, das Deutsche geht an der Schwelle des neuen Stils verloren. Und daran hatte schon während des ganzen 17. Jahrhunderts, während der Blütezeit der holländischen Malerei der Wurm genagt, das süße welsche Gift gearbeitet. Während Rubens und die Vlamen sich die italienischen-antikisierenden Einflüsse zu amalgamieren gewußt hatten, hatten der Haarlemer Hals und Rembrand, der Meister von Amsterdam, wie die bei weiten größe Zahl der Ihrigen solche Einflüsse überhaupt nicht erfahren. Indessen mündete doch, insbesondere von der katholischen Stadt Utrecht aus, eine Unterstömmung der holländischen Malerei in das italienische Fahrwasser ein, und diese Unterströmung sollte schließlich den ganzen stolzen Bau der national hollänischen, das heißt: deutschen Malerei im 18. Jahrhundert zum Einsturz bringen. Und gerade diese italienisierende Unterströmung in ihren verschiedenen Verästelungen ist in unserer Erlanger Galerie reichhaltig und gut vertreten.“ „Bezeichnet ist auch die hübsche kleinen Waldlandschaft von Jan van der Meer, Vermeer van Haarlem (1628 - 1691), während eine Rheinlandschaft (?) des Rotterdamers Herman Saftleven (1610 - 1683), wohl eines Schülers seines gleichnamigen Vaters, minder ansprechend ist.“ (S. 13)