116 | Tod Mariens

Bezeichnung/Titel
Tod Mariens
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
116
Inventarnummer (BStGS)
185
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1913?
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
um 1615/1619
Material
Kupfer
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
45,6 x 28 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 22
Kurztitel
Seite
S. 199
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das Gemälde „Marientod“ von Carlo Saraceni (1579-1620) entstand um 1615/19.

Die Szenerie findet im Innenraum einer Kirche statt. Zu sehen ist das Mittelschiff und das rechte Seitenschiff. Die tote Gottesmutter befindet sich, mit aufgerichtetem Oberkörper auf einer Liege ruhend, im Zentrum des Bildfeldes und gewinnt durch die Lokalisierung in ein Kirchengebäude die Bedeutung einer Allegorie der Kirche. Zu ihrer Linken und Rechten befinden sich die Apostel, die in ihrer Gestik und Mimik besondere Trauer ausdrücken. Die außergewöhnliche Perspektive, die den Körper Mariens deutlich in den Fokus rückt, öffnet außerdem eine Diagonale, die über das Bein der Gottesmutter auf zwei Frauen am rechten Vordergrund verweist. Eine der Frauen scheint sogar den Fuß Mariens berühren zu können. Gekleidet sind die beiden in der Tracht der Karmeliterinnen.

Saraceni schuf dieses Gemälde als großformatiges Altarbild für die Cherubini-Kapelle in Santa Maria della Scala in Rom, einer Klosterkirche der unbeschuhten Karmeliten. Sein viel bekannterer Zeitgenosse Caravaggio erhielt zunächst den Auftrag für die Ausstattung der Grabkapelle des Kurienadvokaten Laerzio Cherubini (1556-1626). Die von Caravaggio geschaffene Verbildlichung der Episode stieß jedoch auf starke Kritik durch die Karmeliterinnen, die es aus Gründen des Decorum zurückwiesen. Auch Saracenis erste Version des Gemäldes entsprach nicht den Vorstellungen des Konvents (Schütze 2009, S. 138). Diese ist heute in The Metropolitan Museum in New York zu sehen und entspricht im Wesentlichen der Münchner Version. Sowohl die Haltungen und Gesten der Dargestellten, als auch die Architektur im Hintergrund sind identisch.

Die zweite Fassung befindet sich nach wie vor in der Cherubini-Kapelle (Schütze 2009, S. 138). Auch hier stimmen die Figuren überein, jedoch wird der Hintergrund verschattet dargestellt. Der größte Unterschied zeigt sich bei der Darstellung der Muttergottes. Während in der Münchner Fassung die Entschlafung Marias (Dormitio Virginis) gezeigt wird (Schütze 2009, S. 138) blickt sie in den Versionen in Rom und New York mit geöffneten Augen gen Himmel. In der römischen Version wird dieser zusätzlich von einer Engelschar bevölkert.

Der Marientod wird hier, wie ab dem 16. Jahrhundert häufiger, als Einzelszene wiedergegeben. Davor kombinierte man die Episode mit Darstellungen der Himmelfahrt oder Krönung Mariens. Auch Schiller beschreibt, dass die Darstellung des Marientods außerhalb von Zyklen äußerst selten in der italienischen Tafelmalerei aufgegriffen wird (Vgl. Schiller 1980, S. 132).

Die Verortung in diese Kirche mag auf die Legende anspielen, dass Maria in einem Kloster der Karmeliterinnen verstorben sei (Vgl. Syre 2007, S. 214).

Jennifer Höhne

Kurztext

Dieses stark nachgefragte und daher in verschiedenen Varianten existierende Gemälde zeigt den Tod Mariens im Beisein der Apostel und zweier Frauenfiguren. Der venezianische Künstler Carlo Saraceni schuf das Werk um 1615/19 für eine Kapelle in der römischen Kirche S. Maria della Scala, nachdem das von Caravaggio eingereichte Gemälde, so die Überlieferung, auf Kritik der Auftraggeber stieß. Ungewöhnlich ist die Szene als Einzelbild, da der Tod Mariens meist nur innerhalb von größeren Bildzyklen oder in Kombination mit ihrer Himmelfahrt und Krönung dargestellt wurde. Eine besondere Inszenierung gelingt durch die Einbettung in die Architektur, die die in starker Verkürzung gezeigte Figurengruppe in das Mittelschiff der Kirche und unter den hellen Oculus versetzt.

Jennifer Höhne

Anmerkung

Dieses Gemälde ist sehr wahrscheinlich mit dem in Saracenis venezianischem Testament vom 13. Juni 1620 für Sebastian Füll aus München bestimmten, gleichnamigen Werk identisch. Es stellt die letzte bekannte Variante der erstmals von Saraceni für das Altarbild in Santa Maria della Scala in Rom verwendeten Kompositionen dar, deren verschiedene Abwandlungen und Kopien von anderer Hand bei A. Ottani (1968) zusammengestellt sind. Die Münchner Fassung ist in einem Stich von Jean Le Clerc aus dem Jahre 1619 wiederholt.

Reber 1906: „Tod Mariens. Unter den knieenden und stehenden Aposteln sitzt vorne Petrus trauernd auf einem Schemmel.“ (S. 22)

Bulle 1906: Kein Eintrag.

Reber 1913: „Einige den Caraccisten ferner stehende Seicentisten liefern auch recht gute Originale. So der Venetianer Carlo Saraceni (1585 - 1625), ein Nahahmer des Caravaggio, in einem Tod Mariens mit dem h. Petrus, der unter den Aposteln voran trauernd auf einem Schemel sitzt. (Aus dem Schloß in Würzburg.)“ (S. 199)

Haack 1921/22: Kein Eintrag.