100 | Maria mit dem Jesuskinde und der heiligen Martina

Bezeichnung/Titel
Maria mit dem Jesuskinde und der heiligen Martina
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
100
Inventarnummer (BStGS)
930
Aktueller Aufbewahrungsort
Staatsgalerie im Neuen Schloss, Schleißheim
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1913?
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
Mitte 17. Jh.
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
140 x 157,2 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 20
Kurztitel
Seite
S. 40
Kurztitel
Seite
S. 199
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das heute als „Maria mit Kind und Martha“ bekannte Gemälde zeigt das Figurentrio in einer Landschaft im Querformat. Im linken Bildfeld sitzt Maria, das Christuskind auf dem rechten Oberschenkel festhaltend, auf einer Erhöhung. Eine weibliche Heilige findet sich auf der rechten Bildhälfte wieder. Sie streckt ihren rechten Arm über die Bildmitte hinweg nach links aus, um die vom Jesusknaben gereichte Lilie entgegenzunehmen. In seiner rechten Hand hält Christus einen Palmzweig. Maria hat dabei den Kopf gesenkt und scheint die Überreichung zu beobachten.

Das Werk wird dem Römer Ciro Ferri (1633-1689) zugeschrieben. Dieser war ein Schüler von Pietro da Cortona, der zahlreiche Zeichnungen nach den Werken seines Meisters schuf, um dessen Stil „vollständig zu adaptieren“ (Merz 2005, S. 225). Eine auf Ferri zurückgehende Information von Paolo Falconieri besagt, dass Cortona seine Schüler zunächst sieben Jahre lang nur Studien schaffen ließ, bevor sie bei den Aufträgen mitarbeiten durften. Der erste öffentliche Auftrag umfasste zwei Lünetten in der Sakramentskapelle der neu zu gestaltenden Kirche S. Marco. Hierfür schuf er außerdem das Altarbild „Die Madonna mit dem Kind erscheint der Hl. Martina“, wozu sich eine Skizze des Malers erhalten hat (Merz 2005, S. 225f). In den späten 1650er Jahren ist seine direkte Mitarbeit bei Projekten des Meisters dokumentiert (Merz 2005, S. 228). Ihm gelang es außerdem, die nach dem Tod von Pietro da Cortona im Mai 1669 unvollendeten Aufträge, mit Verweis auf seine Fähigkeiten dessen Stil perfekt nachzuahmen, übertragen zu bekommen (Merz 2005, S. 235-236). Des Weiteren schreibt Merz, dass Ferri eine halbseitige Zeichnung „Die Hl. Martina auf dem Scheiterhaufen“ für das 1662 publizierte „Missale Romanum“ von Alexander VII. entwarf und damit einer von seinem Lehrer besonders verehrten, aber ansonsten zweitrangigen Heiligen einen besonderen Raum in der offiziellen Publikation einräumte (Merz 2005, S. 230). Eine Zeichnung des Malers, die eine Variante dieses Gemäldes zu sein scheint, hat sich erhalten und befindet sich heute im Kunstpalast Düsseldorf (Merz 2005, S. 290). Die Haltungen der beiden Frauen mag als Vorlage gedient haben, während das Christuskind von der rechten Seite der Gottesmutter nach links verschoben wurde. Die Haltung des Kindes jedoch, sowie seine Zuwendung an die Heilige und das Element der Überreichung, sind aufgegriffen worden.

Heute wird die weibliche Heilige als Martha von Astorga identifiziert (Online-Sammlung Pinakothek). Laut Reber handelt es sich bei dieser Figur jedoch um die heilige Martina (Reber 1913, S. 199). Nachdem Ferris Meister Pietro da Cortona ab 1653 an der Umgestaltung der Kirche SS. Luca e Martina beteiligt (Kimpel 1974, S. 580) war, ein Verehrer der heiligen Martina war und mindestens drei Werke Ferris mit Verweis auf diese Figur nachgewiesen sind, liegt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um diese Heilige handelt. Außerdem hält die dargestellte Heilige einen Haken in der Hand, der aufgrund ihres Martyriums zu den Attributen der heiligen Martina zählt.

Jennifer Höhne

Kurztext

Dem Barockmaler Ciro Ferri (1633/34-1689) gelang es mit der Darstellung „Maria mit Kind und Hl. Martina” die von seinem Lehrer Pietro da Cortona (1596-1669) übernommene strenge Malweise zu adaptieren und mit weichen und leuchtenden Farben aufzulockern. Das Bild zeigt ein einträchtiges Figurentrio, bestehend aus Maria mit Christusknaben und einer weiteren Heiligen, der eine Lilie und ein Palmzweig als Zeichen für ihre Keuschheit und die Überwindung ihres Martyriums überreicht wird.

Jennifer Höhne

Anmerkung

Reber 1906: "Ciro Ferri [...] Maria mit dem Jesuskinde und der heil. Martina, welche vom Kinde eine Lilie erhält." (S. 20)

Bulle 1906: "Einen ähnlichen, gegenüber den Bolognesen etwas mehr idealisierenden Stil hat Ciro Ferri, der mit einem großen sehr gefälligen Madonnenbild (Nr. 100) vertreten ist." (S. 40)

Reber 1913: „Ebenso der Römer Ciro Ferri (1634 - 1689), ein Schüler des P. Berettini, in einer Madonna mit der h. Martina, der das Jesuskind eine Lilie reicht.“ (S. 199)

Haack 1921/22: Kein Eintrag.