110 | Religion und Kirche

Bezeichnung/Titel
Religion und Kirche
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
110
Inventarnummer (BStGS)
4878
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1913?
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Kommentar
Paolo Fiammingo zugeschrieben.
Herstellungsdatum
um 1590/1600
Material
Leinwand
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
177 x 220,2 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 21
Kurztitel
Seite
S. 39
Kurztitel
Seite
S. 198
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das Gemälde “Die Allegorie der Kirche” wird auf die Jahre zwischen 1590 und 1600 datiert und von der bayerischen Staatsgemäldesammlung Paolo Fiammingo (1540-1596) zugeschrieben (Online-Inventar Alte Pinakothek).

In dieser figurenreichen Darstellung im Querformat sind mehrere Vertreter der katholischen Kirche zu sehen. Das inhaltliche Zentrum des Gemäldes befindet sich am rechten Bildrand im Mittelgrund. Dort ist auf einer kleinen Erhöhung die sitzende Figur des Papstes unter einem Baldachin dargestellt. Dieser wird zu von Bischöfen und Kardinälen begleitet. Das mit der Papstkrone deutlich erkennbare Kirchenoberhaupt gibt das Mandat zur Krönung eines vor ihm knienden Geistlichen mit der Mitra. Dieser Teil der Weihezeremonie wird von drei Mönchen im Vordergrund beobachtet, die als Rückenfiguren dargestellt sind. Zudem sitzt dort prominent in der MItte ein älterer Eremit – möglicherweise der Hl. Hieronymus – der in der Betrachtung des Kruzifixes in seiner Hand vertieft ist. Am rechten Bildrand sitzt vermutlich der heilige Dominikus, der durch sein helles Skapulier unter der dunklen Kutte zu erkennen ist. Links ist ein sich abwendender Bischof zu sehen. Im Mittel- und Hintergrund sind weitere Bischöfe und Ordensmitglieder dargestellt. Darüber thronen in einer himmlischen Sphäre drei Tugenden auf Wolken. Eine davon kann durch das ihr beigegebene Kreuz als Fides (Glaube) identifiziert werden. Die theologische Tugend der Hoffnung (Spes) scheint in der Frau auf der rechten Seite wiedergeben zu sein, da sie einen Anker bei sich trägt. Damit könnte die weiblichen Figuren in der Mitte als die Liebe (Caritas) angenommen werden. Dafür spricht, dass diese Frau ihren rechten Arm erhoben hat und scheinbar einen Gegenstand in der Hand hält. Da Caritas häufig mit einer Fackel oder einem brennenden Herz dargestellt wird, scheint dies eine mögliche Erklärung für die Armhaltung zu sein (Reber 1913, S. 198). Neben dieser Dreiergruppe befindet sich eine sitzende Frau, die ihren Kopf durch ein Tuch bedeckt hält und ein aufgeschlagenes Buch und ein Gefäß in den Händen hält. Von Reber wird diese Figur als Theologie identifiziert (Reber 1913, S. 198). Neben ihr wendet sich ein lagernder älterer Mann mit Flügeln am Kopf nach einem großen Krug um, den Reber als Saturn beschreibt (Reber 1913, S. 198).

Derselbe Künstler schuf mehrere allegorische Darstellungen, die in der Münchner Sammlung aufbewahrt werden. Neben “Der Allegorie der Kirche” befand sich auch “Der Kriegsstand” in der Erlangern Filialgemäldesammlung. Weitere Werke der Serie sind „Der Landbau“, „Der Lebens- und Liebesgenuss“, „Handel und Gewerbe“, „Die weltliche Herrschaft“, „Allegorie auf Kunst und Wissenschaft“ (1590-1600). Alle Gemälde der Reihe, bis auf “Die Allegorie der Kirche”, befinden sich heute in der Münchner Residenz.

Ob Paolo Fiammingo oder, wie Bulle und Reber beschreiben, Andrea Michieli der Urheber der Serie ist, bleibt, wie schon bei “Der Kriegsstand” geschildert, unsicher.

Jennifer Höhne

Kurztext

Das Gemälde “Allegorie der Kirche” (1590-1600) wird dem Künstler Paolo Fiammingo (1540-1596) zugeschrieben und gehörte ursprünglich zu einer Folge mit 16 Gemälden. “Der Kriegsstand” (Nr. 109), ein weiteres Exemplar der Serie, befand sich ebenfalls in der Erlanger Filialgemäldesammlung. In der “Allegorie der Kirche” werden die verschiedenen Stände der Kirche gezeigt, während der Papst das Mandat zur Bischofsweihe gibt, die vor Ort durchgeführt wird. Fiammingo, eigentlich Pauwel Franck, stammte aus Antwerpen und siedelte nach Venedig über. Dort gelang es ihm, bei seinen Kunden das Interesse an solchen allegorischen Bilderserien zu wecken.Alle anderen erhaltenen Gemälde der Serie mit den Themen Landwirtschaft, Lebens- und Liebesgenuss, Handel und Gewerbe, Regierung sowie Kunst und Wissenschaft sind heute in der Münchner Residenz zu sehen.

Jennifer Höhne

Anmerkung

Reber 1906: "Andrea Michieli gen. il Vicentino […] Religion und Kirche. Oben Saturn, umgeben von Theologie, Glaube, Hoffnung und Liebe. […] Gegenstück zum vorigen, gleicher Grösse und Herkunft. Andere Gemälde desselben allegorischen Cyklus in der K. Galerie zu Augsburg." (S. 21)

Bulle 1906: "Ein eigentümlicher Künstler ist Andrea Michieli von Vincenza (Nr. 109, 110), der zwar zeitlich der Hochrenaissance angehört, aber in seiner etwas trockenen Art und in seiner breiten Erzählerfreudigkeit ganz die Art des Quattrocento fortsetzt." (S. 39)

Reber 1913: „Richtig benannt sind die beiden Allegorien des Krieges und der Religion von Andrea Michieli il Vicentino (1536 - 1614) aus einer Folge von anderen Allegorien aus der Residenz zu München, von welchen sich die Mehrzahl in der Galerie zu Augsburg befindet. Die Repräsentanten des Kriegs, Mars und Minerva, Vigilantia und Fortitudo, erscheinen aber so nüchtern und leer, wie jene der Religion mit Saturn, Theologie, Glaube, Hoffnung und Liebe.“ (S. 198)

Haack 1921/22: Kein Eintrag.