098 | Der heilige Rochus als Almosenspender

Bezeichnung/Titel
Der heilige Rochus als Almosenspender
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
098
Inventarnummer (BStGS)
5072
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1913?
Standort in der Orangerie
Herstellung
Künstler (Art des/kopiert nach)
Herstellungsdatum
nach 1595
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
95,5 x 143,5 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 19
Kurztitel
Seite
S. 39-40
Kurztitel
Seite
S. 198
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das Gemälde „Der Hl. Rochus verteilt Almosen“ zeigt eine figurenreiche Szenerie im Querformat. Die Darstellung ist eine Kopie nach dem Werk von Annibale Carracci (1560 - 1609), das sich heute in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden befindet und zwischen 1594/95 entstand. Vermutet wird ein zu Lehrzwecken geschaffenes Schulbild (Reber 1913, S. 198). Die Maße des ursprünglichen Gemäldes (331 x 477 cm) wurden hierfür stark verkleinert (95,5 x 143,5 cm) (Syre 2007, S. 56).

Gezeigt wird eine Episode aus dem Leben des heiligen Rochus, der der Legende nach aus dem südfranzösischen Montpellier stammte. Sein Erbe soll er an die Armen verteilt haben, bevor er nach Rom pilgerte und sich dort der Pestkranken annahm. Eine Ansteckung mit der Krankheit überlebte er.

Die Szenerie ist klar in eine Dreieckskomposition im Querformat gegliedert. Der heilige Rochus, als junger Mann mit blonden Locken und einem Lichtkranz um das Haupt dargestellt, befindet sich auf einer kleinen erhöhten Architektur am rechten Bildrand, bildet daher die Spitze der Konstellation und verteilt Münzen an die vor ihm versammelte Menschenmenge. Diese besteht aus alten und jungen Männern, Frauen mit ihren Kindern, die diese stellenweise über ihre Köpfe heben und nach vorne strecken, um sie auch etwas von den Almosen empfangen zu lassen. Die Personen, die wohl bereits eine Gabe empfangen haben, befinden sich im linken Vordergrund des Gemäldes. Stolz präsentiert ein blonder Junge einer weiteren Person eine Münze. Im rechten Vordergrund befindet sich ein Kranker, der mit einem Karren von einer nur in Rückenansicht dargestellten Person in Richtung des Heiligen ins Bildfeld hineingeschoben wird. Der Heilige als inhaltliches Zentrum der Episode wird auch visuell zum Mittelpunkt. Die Menschenmenge, die  diagonal von links nach rechts strebt, das herantretende Figurenpaar mit dem Kranken sowie die Säulenreihe hinter dem Almosenspender, die aus dem Bildraum nach vorne ragt und hinter dem Heiligen Rochus endet, verweisen auf den Hauptakteur. Nach hinten bildet eine bildparallele Rundbogenarkade den ruhigen Abschluss der Szenerie, lässt jedoch über ihre Öffnungen einen Blick in eine zu erahnende Stadt frei.

Jennifer Höhne

Kurztext

Bei dem Gemälde „Der Hl. Rochus verteilt Almosen“ handelt es sich um eine Kopie des Werkes von Annibale Carracci (1560-1609), das 1594/95 entstand und sich heute in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden befindet. Die wohl zeitgenössische Kopie gibt die Bilderfindung des berühmten Bologneser Malers, des Begründers des Frühbarock, in einem stark verkleinerten Maßstab wieder. Für den Barock typisch ist die theatrale Inszenierung des Geschehens mit übersteigerten Bewegungen der Figuren in bühnenartiger Architektur. Der ganz am linken Rand positionierte Heilige Rochus wird durch die Komposition, die blickführenden Diagonalen und die Lichtregie  zum visuellen Mittelpunkt des Gemäldes. Er verteilt hier sein ganzes Erbe als Almosen an die Armen. Später, so erzählt die Legende weiter, pflegte er als Genesener Pestkranke, weshalb er besonders in Zeiten der großen Pestepidemien besondere Verehrung erfuhr (vgl. Nr. 21).

Jennifer Höhne

Anmerkung

Reber 1906: "Annibale Caracci […] Der heil. Rochus als Almosenspender. Der Heilige steht rechts unter einem Gewirr von Blinden, Lahmen, Kranken und anderen Bettlern (Schulbild)." (S. 19)

Bulle 1906: "Um den almosenspendenden heiligen Rochus (Nr. 98) des Annibale Caracci(Schulkopie nach Dresdener Original) drängt sich eine Ueberfülle von Krüppeln und Armen, die mit hartem Naturalismus gemalt sind. Weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen." (S. 39-40)

Reber 1913: „Ansehnlicher vertreten sind die Caraccisten: Annibale Caracci (1560 - 1609), freilich nur in einem Schulbild, den h. Rochus als Almosenspender in einer wirren Umgebung von Blinden, Lahmen, Kranken und anderen Bettlern darstellend […].“ (S. 198)

Haack 1921/22: Kein Eintrag.