115 | Das Urteil Salomonis

Bezeichnung/Titel
Das Urteil Salomonis
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
115
Inventarnummer (BStGS)
1355
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1910
Standort in der Orangerie
Herstellung
Kommentar
Veronesischer Künstler
Herstellungsdatum
um 1500
Material
Leinwand
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
124,8 x 116,7 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 22
Kurztitel
Seite
S. 35
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das „Urteil Salomos“ wird heute als ein Werk eines Veroneser Malers beschrieben, das um 1500 entstanden ist. Gezeigt wird die bekannte Bibelgeschichte des salomonischen Urteils. In dieser wird von zwei Prostituierten berichtet, die nur drei Tage versetzt zueinander ihre Kinder im selben Haus gebaren. Nachdem sich eine der Frauen im Schlaf auf ihr Neugeborenes legte und es damit erstickte, vertauschte diese das tote Kind mit dem ihrer Bettnachbarin, die den Schwindel jedoch am nächsten Morgen sogleich bemerkte. Daraufhin zogen die beiden vor König Salomo, der daraufhin drohte, das Kind zu zerteilen, um beiden Frauen genüge zu tun. Daraufhin rief eine der Frauen, dass sie das Kind eher ihrer Konkurrentin überlassen würde, als es zu töten, wodurch sie sich als wahre Mutter offenbarte (1 Kön 3,16–28).

Der Künstler stellt den entscheidenden Augenblick der Geschichte dar. Am rechten Bildrand hat ein Diener des Königs den lebenden Säugling schon am Bein gepackt, um ihn mit dem Dolch in seiner Rechten zu zerteilen. König Salomo, in der Mitte des Gemäldes auf einem steinernen, erhöhten Thron sitzend, wendet sich der wahren Mutter zu seiner Linken zu. Diese blickt zum König auf und legt sich ergriffen eine Hand auf die Brust. Ihre Konkurrentin zur Rechten des Königs scheint beschämt zu Boden zu blicken.  Hinter dieser ist eine weitere weibliche Figur mit dunklem Haar zu sehen, die zur Seite blickt. Am vorderen Bildrand zeigt der Künstler drastisch den gräulichen Leichnam des getöteten Kindes. Im Hintergrund ist links eine weitläufige Landschaft zu sehen, während sich rechts eine Stadt auf einem großen Hügel erhebt.

Die Darstellung erinnert an den Typus der sogenannten Sacra Conversazione. Dort thront die Gottesmutter im Zentrum des Bildes, während Heilige links und rechts um sie versammelt sind. Das Gemälde zeigt viele Details, wie Schmetterlinge im Gras und kleine Schleifen an den Kleidungsstücken der Frauen. Der Aufbau ist klar, wobei die Dramatik des Momentes deutlich reduziert wird.

Jennifer Höhne

Kurztext

Das Gemälde “Urteil Salomos” entstand um 1500 wohl durch einen veronesischen Künstler. Gezeigt wird die biblische Episode, in der der weise König Salomo den Streit zwischen zwei Frauen löst, die beide vorgeben, die Mutter eines Kindes zu sein. Auf seine Anweisung, das Kind zu zerteilen, zieht eine Frau ihre Ansprüche zurück, wodurch Salomo die wahre Mutter erkennt. Im klar aufgebauten Gemälde orientiert sich der Künstler an dem in Italien beliebten Typus der sog. Sacra Conversazione, der die Gottesmutter thronend umgeben von Heiligen zeigt. Mit zahlreichen kleinen Details, wie Schmetterlinge im Gras und Schleifen an den Kleidungsstücken, reichert der Maler die Bilderzählung an.

Jennifer Höhne

Anmerkung

Reber 1906: "Girolamo del Santo […] Das Urteil Salomonis. In der Mitte thront der König, an den Thronstufen liegt das tote Kind. Rechts ein Krieger, im Begriff das lebende Kind zu spalten. An der Thronstufe das Wappen der Paduaner Familie Detio (Mitteilung von Dr. G. Ludwig). [...] 1808 in Rom gekauft und ursprünglich mit der falschen Bezeichnung: 'Jacopo Bellini' versehen. (Crowe u. Cavalcaselle V. 114.)" (S. 22)

Bulle 1906: "Noch auf der Wende zur Hochrenaissance, am Anfange des 16. Jahrunderts, steht das Bild Nr. 115, das jetzt dem Paduaner Girolamo del Santo zugeschrieben wird. Es ist ein Urteil Salomonis, aber von ganz gehaltener Stimmung und in einer Anordnung, in der sonst, namentlich bei den Venezianern, die sante conversazioni, die Gruppenbilder von Heiligen komponiert sind. Wo bei diesen die Madonna erhöht in der Mitte sitzt, sehen wir hier Salomo, vor seinem Throne das tote Kind. Zur Rechten steht der Soldat mit gezogenem Schwerte und dem lebenden Kind, daneben die eine Mutter in fast ruhiger Haltung. Auch die andere Mutter nebst ihrer Dienerin ist ohne größere Erregung. Wenn so das Psychologische des Vorgangs wenig zur Geltung kommt, so sind hier die Farben um so schöner. Wir fühlen die Nähe von Venedig, das unter allen  italienischen Städten die größten Verkünder der Farbenschönheit hervorgebracht hat. Man beachte etwa an dem Gewande der links stehenden Mutter das wundervolle, durch goldene Lichter gebrochene Grün, dem ein komplementäres Rot mit ebenfalls goldgelbem Einschlag entgegensteht. Auch die Landschaft rechts, weich und duftig gesehen, steht in rechtem Gegensatz zu florentinischer Art.“ (S. 35)

Reber 1913: Kein Eintrag.

Haack 1921/22: Kein Eintrag.