032 | Waldlandschaft mit erlegtem Wild

Bezeichnung/Titel
Waldlandschaft mit erlegtem Wild
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
032
Inventarnummer (BStGS)
842
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1934
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Kommentar
Jan Brueghel d. Ä. und Rubens-Werkstatt
Herstellungsdatum
1620
Material
Eichenholz
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
63,3 x 97,2 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 8
Kurztitel
Seite
S. 13-14
Kurztitel
Seite
S. 193
Kurztitel
Seite
S. 7-8
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das querformatige Jagdstück aus dem Jahr 1620, das Jan Brueghel d. Ä. (1568-1625) und der Rubens-Werkstatt zugeschrieben wird und sich heute in der Staatsgalerie Neuburg an der Donau befindet, zeigt ein weitläufiges Waldtal mit der Göttin Diana im rechten Vordergrund. Diese sitzt umgeben von ihren Jagdhunden im Schatten eines großen Baumes, während die bereits erlegte Jagdbeute – vom Hirsch bis zum Fasan – ausgebreitet vor ihr liegt. Im Mittel- und Hintergrund sind verschiedene, sich nach hinten perspektivisch verkleinernde Gruppierungen von Nymphen (Reber 1913, S. 193) mit Jagdhunden und Maultieren wiedergegeben, welche die Jagdbeute transportieren. Besonders viel Platz nimmt dabei die Landschaftsdarstellung ein, die sich zu dieser Zeit großer Beliebtheit erfreute (vgl. auch Zwei Nymphen mit Jagdhunden von Brueghel und Hendrik van Balen (1575-1632) mit identischer Provenienz). Bulle lobte an diesem Gemälde besonders die Tiefenräumlichkeit in der Landschaft, die vorrangig durch zwei kompositorische Mittel erzeugt wurde: Zum einen durch die angewandte Farbperspektive mit drei hintereinander gestaffelten Zonen aus braunem Vorder-, grünem Mittel- und schließlich blauem Hintergrund; zum anderen durch die einzeln in der Zentralperspektive nach hinten verteilten Nymphen, an deren „abnehmende[r] Größe [, man] die Entfernung beinahe mathematisch ablesen kann“ (Bulle 1906).

Brueghel fertigte weiterhin wohl eine Menge an Zeichnungen von totem Wildbret an, von welchen einige auch als Vorlage für dieses Gemälde dienten. Die originalen Vorzeichnungen sind heute leider nicht mehr erhalten, jedoch durch Radierungen von Wenzel Hollar (1607-1677) überliefert, die im Graphikportal digitalisiert wurden. So kann beispielsweise „Der tote Hirsch“ (Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München, Inv.-Nr. 842) und das rechte Wildschwein aus Totes Wildbret(selbige Inv.-Nr.) im Erlanger Gemälde wiedergefunden werden: Im Mittelgrund liegen die beiden erlegten Tiere – zu den Radierungen spiegelverkehrt – Rücken an Rücken zueinander. Der Fokus liegt demnach vielmehr auf dem Wildbret und der Landschaft denn auf den mythologischen Figuren, die lediglich als Beiwerk oder als Begründung für das Motiv zu dienen scheinen.

Katharina Hefele

Kurztext

Das querformatige Gemälde von Jan Brueghel d. Ä. (1568-1625) und der Rubens-Werkstatt zeigt die Göttin Diana mit ausgebreiteter Jagdbeute im Vordergrund, während dahinter Nymphen mit Jagdhunden und Maultieren weitere erlegte Tiere transportieren. Wie für die niederländische Kunst der Zeit typisch, wird der Landschaft hierbei viel Bildfläche zugedacht und durch die Farb- und Zentralperspektive eine starke Tiefenräumlichkeit erzeugt. Brueghel fertigte für seine Darstellungen zahlreiche Tierstudien an, die heute zwar nicht mehr erhalten, jedoch durch Stiche von Wenzel Hollar (1607-1677) überliefert sind – beispielsweise für das Wildschwein und den Hirsch im rechten Mittelgrund (beide in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in München unter der Inv.-Nr. 842 verwahrt).

Katharina Hefele

Anmerkung

Reber 1906: „Jan Brueghel d. Ä. […] Waldlandschaft mit erlegtem Wild. Nymphen tragen die Jagdbeute zusammen und laden sie auf Maultiere. Vorne rechts sitzt Diana von Hunden umschmeichelt. Die Figuren von einem Rubensschüler (Balen?). Bezeichnet Brueghel 1620.“ (S. 8)

Bulle 1906: „Die wenig bedeutende Landschaft dieses Bildes ist von dem Brüsseler Maler Jan Brueghel d. Ae. gemalt, eine zu damaliger Zeit ganz gewöhnliche Kompagniearbeit, die uns sogleich bei dem Jagdstück (Nr. 32) wieder begegnet, nur daß hier der Anteil des Landschafters der größere ist. Brueghel läßt uns hier in ein weites Waldtal blicken, das sich in unendliche Ferne verliert, von dem braunen Vordergrund durch einen grünen Mittelgrund bis in die blaueste Weite. Wir werden von diesem Rezept zur Raumvertiefung  bei dem Bild Nr. 33 ausführlicher zu reden haben. Hier ist noch ein zweites Mittel zur Entwicklung von Tiefenvorstellung höchst geschickt angewendet: menschliche Figuren, einzeln nach hinten verteilt, so daß man an ihrer abnehmenden Größe die Entfernungen beinahe mathematisch ablesen kann. Balens Zutaten an diesem Bilde, die Jagdbeute der Diana im Vordergrunde, sind im einzelnen sehr erfreulich mit Liebe und Treue gemalt und in ihren warmen seinen Farben sehr wohltätig - nur daß der Künstler in seiner Freude am schönen Einzelnen den Blick aufs Ganze verloren hat. Man könnte von diesem Wild und Geflügel eine ganz beliebige Portion entführen, ohne daß ein Beschauer ein Fehlen in der Darstellung bemerken würde. So sitzt auch die an sich sehr hübsche, freilich ein wenig porzellanene Diana nicht eben aus zwingender Notwendigkeit rechts vorn im Bilde. Das Bild ist nicht ‚zusammengesehen‘, sondern zusammengesetzt. Wenn man sich klar machen will, worin die ‚Einheit‘ eines Kunstwerkes besteht, so kann man das nicht besser tun als durch dieses ‚Gegenbeispiel‘.“  (S. 13/14)

Reber 1913: „Das zweite gibt eine auf Holz gemalte Waldlandschaft mit erlegtem Wild, das von den Nymphen der rechtssitzenden Diana zusammengetragen und auf Maultiere geladen wird. Die Figuren lassen auf Balen schließen (aus der kurbayerischen Galerie).“ (S. 193)

Haack 1921/22: „Wie zur Zeit des Rubens und unter seinem beherrschenden Einfluß in seiner Heimat mythologische Themen behandelt wurden, zeigen das Dianabild und das köstliche, humorvoll aufgefaßte olympische Göttermahl des Hendrik von Balen. Die Minerva ist offensichtlich von antiker Formenschönheit und klassischem Formenadel nicht unbeeinflußt geblieben.“  (S.7/8)