012 | Ruhe auf der Flucht nach Ägypten

Bezeichnung/Titel
Ruhe auf der Flucht nach Ägypten
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
012
Inventarnummer (BStGS)
WAF 238
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1922
Standort in der Orangerie
Herstellung
Künstler (Art des/kopiert nach)
Kommentar
Albrecht Dürer Nachfolger
Herstellungsdatum
16. Jh.
Material
Kiefernholz
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
45,9 x 36,1 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 3
Kurztitel
Seite
S. 7
Kurztitel
Seite
S. 191
Kurztitel
Seite
S. 5
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das hochformatige Tafelgemälde zeigt die junge Gottesmutter mit dem Jesusknaben auf ihrem Schoß, während sie gemeinsam mit Joseph am Fuße eines großen Baumes auf der Flucht nach Ägypten rastet (Mt 2,13). Mit der linken Hand stützt sie ihren Sohn, in der Rechten hält sie eine große Birne. Die Frucht kann, ähnlich dem Apfel, als ein Mariensymbol gedeutet werden (Maria als die neue Eva), das zugleich auf die Passion ihres Sohnes verweist (Kat. Ausst. Backnang 2002, Kat.-Nr. 24, S. 62 (Felix Reuße). Joseph steht leicht nach hinten versetzt zur Linken Mariens und blickt andächtig auf Mutter und Sohn herab. Ergriffen hebt er seinen Hut an seine Brust, während er in der Linken noch seinen Wanderstock hält. Zu Füßen Marias hält der kleine Johannesknabe ein Lamm in seinen Händen. Die Gruppe wird von drei Putti begleitet, von denen zwei musizieren und einer am rechten Bildrand Blumen pflückt. Im Hintergrund führt ein schmaler Weg über eine Brücke zu einer kleinen Burg, die von zahlreichen Bäumen umgeben ist.

Das Werk wird einem Nachfolger Dürers zugeschrieben, der mit seiner Darstellung auf zwei Graphiken des Nürnberger Meisters rekurriert (Bulle 1906, S. 7 – Haack 1921/22, S. 5). Die Darstellung Marias mit dem Kind geht auf Dürers Kupferstich „Maria mit der Birne“ (B. 41) von 1511 zurück. Im Kupferstich ist im Hintergrund ebenfalls eine trutzige Festung abgebildet, die von Reuße als ein Hortus conclusus, ein umzäunter/umfriedeter Garten, der die Tugendhaftigkeit und unberührte Jungfräulichkeit Mariens symbolisiere, interpretiert wird (Kat. Ausst. Backnang 2002, Kat.-Nr. 24, S. 62 (Felix Reuße). Im Vergleich ist die im Hintergrund des Erlanger Gemäldes dargestellte Architektur weniger prominent inszeniert und wirkt vielmehr als idyllische Staffage. Dennoch könnte auch ihr eine mariologische Bedeutung zukommen. Die Darstellung Josephs ähnelt laut Haack dagegen einer Figur im Holzschnitt der „Heiligen Familie mit den drei Hasen“ (um 1496/97) (B. 102; Haack 1921/22, S. 5). Die spielenden Engel finden dagegen eine Entsprechung im Gemälde „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Lucas Cranach d. Ä. (Berlin, Gemäldegalerie der Staatlichen Museen, Inv.-Nr.: 564A), auch wenn die Grundidee der Engel wiederum auf Dürers Marienleben zurückgeht (Jahn 1955, S. 32). 1509 setzte Cranach die Bilder auch noch in einem Holzschnitt um.

Madlen Gulitsch

Kurztext

Das unsignierte Tafelgemälde stammt nicht aus der Hand Albrecht Dürers, geht jedoch auf zwei Kompositionen aus seinem druckgraphischen Oeuvre zurück. Es zeigt die junge Gottesmutter mit dem Jesusknaben auf ihrem Schoß, während sie gemeinsam mit Joseph am Fuße eines großen Baumes während ihrer Flucht nach Ägypten rastet (Mt 2,13). In ihrer Rechten hält sie eine große Birne, die – ähnlich wie der Apfel (Maria als neue Eva) – symbolisch ausgedeutet werden kann. Zu ihren Füßen steht Johannes d. Täufer als kleiner Knabe mit einem Lamm in den Händen. Vor der Gruppe musizieren zwei kleine Engel, ein dritter pflückt Blumen am linken Bildrand. Vorbildlich für die Darstellung waren Dürers Kupferstich der „Maria mit der Birne“ (1511) und der Holzschnitt „Heilige Familie mit den drei Hasen“ (um 1496/97).

Madlen Gulitsch

Anmerkung

Reber 1906: „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten. In einer Landschaft sitzt Maria mit dem Kind auf dem Schoss, eine Birne in der Hand. An ihr Knie lehnt sich ein Kind mit einem Lamm (Johannes?), rechts steht der hl. Joseph. Vorn musizieren zwei Engelkinder und pflückt ein drittes Blumen. Links Ausblick auf ein Schloss. - Schulbild.“  (S. 3)

Bulle 1906: „Wir schreiten sogleich zu Meister Albrecht Dürer weiter. Unter den drei auf seinen Namen stehenden Bildern (Mr. 12 - 14) ist freilich keines von seiner Hand. Aber jedes von ihnen ist doch in besonderer Weise für Dürers Wirken charakteristisch. Als ein Schulbild im gewöhnlichen Sinne, als das Werk eines Mannes, der die vom Meister erlernte Kunst recht und schlecht weitertreibt, ohne ihn ganz zu erreichen oder selbstständig über ihn hinauszukommen, können wir die Ruhe auf der Flucht bezeichnen. Maria sitzt mit dem Kinde im Schoß, umgeben von Joseph und dem kleinen Johannes: eine sehr glücklich komponierte, gut geschlossene Gruppe. Die kleinen Engel vorn sind ganz dürerisch.“  (S. 7)

Reber 1913: „Als gutes Schulbild ist ferner die aus der Wallerstein-Sammlung in K. bayerischen Besitz gelangte Ruhe auf der Flucht nach Ägypten (?) zu betrachten: Maria mit Kind eine Birne in der Hand haltend, daneben ein Kind mit einem Lamm (Johannes ?), rechts der h. Joseph, während drei Engelkinder musizieren und Blumen pflücken.“  (S. 191)

Haack 1921/22: „Dürers ehrwürdigen Namen lesen wir zwar in Erlangen unter mehreren Bildern, aber sie sind alle ziemlich weit von ihm entfernt und nicht recht viel wert. Am interessantesten vielleicht das Schulbild der ‚Flucht nach Ägypten‘, weil die Maria mit dem Kinde einschließlich des charakteristischen Spiels der beiden linken Hände nach dem Dürerstich B. 41 der Maria mit der Birne ‚1511‘ kopiert, der Josef aber dem Holzschnitt der heiligen Familie mit den drei Hasen B 102 frei nachgebildet ist.“  (S. 5)

Archivalien: UAE A1/14 Nr. 48: Depot Schleißheim; K. H. G. 287.