003 | Die Sendung des heiligen Geistes

Bezeichnung/Titel
Die Sendung des heiligen Geistes
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
003
Inventarnummer (BStGS)
1405 A
Aktueller Aufbewahrungsort
Staatsgalerie in der Burg zu Burghausen
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906 - 1911
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
um 1480
Material
Nadelholz
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
122,9 x 131,2 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 1
Kurztitel
Seite
S. 10
Kurztitel
Seite
S. 32
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das beinahe quadratische Gemälde wurde um 1480 durch den niederbayerischen Künstler Sigmund Gleismüller für ein Altarretabel der Klosterkirche in Attel im Landkreis Rosenheim geschaffen (Zuschreibung Statnik 2009). Bis heute haben sich lediglich fünf Einzeltafeln des Gesamtwerkes erhalten, das von Statnik als ein zweifach wandelbares Retabel mit einem verlorenen skulpturalen Mittelschrein und Flügeln mit figürlichen Darstellungen rekonstruiert wurde. Die Flügel waren in zwei Register unterteilt und zeigten Szenen aus den Viten der hl. Katharina und Johannes des Täufers (Statnik 2009, S. 19f). Die noch erhaltenen Tafeln behandeln das „Gastmahl des Herodes“, den „Disput der hl. Katharina mit Kaiser Maximinus“, den „Disput der hl. Katharina mit den heidnischen Rhetoren“, die „Enthauptung der hl. Katharina“, das „Gebet am Ölberg“ und die „Sendung des Heiligen Geistes“ (Statnik 2009, S. 15). In der Erlanger Gemäldegalerie befanden sich davon lediglich die Gemälde zum „Gastmahl des Herodes“ (Nr. 2) und der „Sendung des Heiligen Geistes“, die ursprünglich als Vorder- und Rückseite einer Tafel zusammengehörten (Statnik 2009, S. 15). Statniks Rekonstruktionen folgend, müsste sich diese im oberen Register des rechten Außenflügels befunden haben (Statnik 2009, S. 20). Die Tafeln sind heute in der Staatsgalerie in Burghausen ausgestellt.

Gleismüllers „Sendung des Heiligen Geistes“ schildert die Geschichte des „Pfingstwunders“ (Apg 2, 1-41), laut welcher die Apostel am Pfingsttag zusammenkamen und plötzlich vom Heiligen Geist erfüllt wurden, woraufhin sie in allen Sprachen predigen konnten. Im Gemälde haben sich die 12 Männer bereits um die im Zentrum sitzende Muttergottes, die in die Lektüre eines roten Buches vertieft ist, versammelt. Im Quellentext wird die Anwesenheit Marias nicht ausdrücklich erwähnt. Nach Apg 1, 14 gehörte sich jedoch von Anfang an zur christlichen „Urgemeinde“ und fehlte ab 1200 in kaum einer Darstellung des Themas (Seeliger 2015 (LCI), Sp. 416). Links und rechts von Maria knien Johannes und Petrus im Gebet. Hinter diesen verteilen sich die übrigen Jünger gleichmäßig auf die linke und rechte Seite des Bildes. Für ihre Gestaltung strebte der Künstler eine möglichst große Bandbreite an Typen an, die durch verschiedene Haarschnitte, Bartformen und Altersstufen umgesetzt sind (Statnik 2009, S. 58). Fast alle Apostel sind durch Schriftzüge in den goldenen, ihre Köpfe umgebenden Nimben identifizierbar. Eine Ausnahme bildet lediglich der Apostel, der gerade aus einer die linke Seitenwand des Raumes durchbrechenden Arkade zur Gruppe tritt. Er trägt eine turbanartig eingerollte Gugel auf dem Haupt. Auf seinem Nimbus, der durch die Wand angeschnitten wird, ist lediglich das Wort „SANCTU“ zu lesen (Statnik 2009, S. 58). Somit bleibt es dem Betrachter überlassen, ob er in der Figur den hl. Matthias, der erst nach dem Selbstmord des Judas in den Kreis der Apostel berufen wurde, oder den hl. Paulus erkennen möchte, der den Berichten der Evangelien zufolge eigentlich nicht zur Gruppe der Zwölf Apostel gezählt wird (Statnik 2009, S. 58). Am oberen Bildrand schwebt mittig eine weiße Taube mit weit ausgebreiteten Flügeln, die die Präsenz des Heiligen Geistes verdeutlicht. Auf die im Quellentext erwähnten „Zungen, zerteilt wie von Feuer“ (Apg 2, 3), die die Ausgießung des Heiligen Geistes verdeutlichen, verzichtete der Künstler. Durch eine weitere Arkade in der linken Seitenwand des Raumes fällt der Blick auf einen bergigen Landschaftsausschnitt.

Madlen Gulitsch

Kurztext

Das Gemälde wurde um 1480 durch den niederbayerischen Künstler Sigmund Gleismüller (zw. 1474-1515 in Landshut bezeugt) für ein Altarretabel der Klosterkirche in Attel im Landkreis Rosenheim geschaffen. Das ursprünglich zweifach wandelbare Flügelretabel ist heute nur noch in Fragmenten erhalten. Die Erlanger Galerie beherbergte hiervon zwei Gemälde – die hier gezeigte „Sendung des Heiligen Geistes“ und das „Gastmahl des Herodes“ (Nr. 2) – die ursprünglich als Vorder- und Rückseite einer Tafel zusammengehörten.

Das Werk schildert die Geschichte des „Pfingstwunders“, die in der Apostelgeschichte der Bibel geschrieben steht (Apg 2, 1-41). Die zwölf Apostel haben sich um die in die Lektüre eines Buches vertiefte Muttergottes versammelt und empfangen gerade den Heiligen Geist – verdeutlicht durch eine über der Gruppe schwebende weiße Taube – , der sie fortan zur Predigt in allen Sprachen der Erde befähigen wird. In der Gestaltung der Apostel, die bis auf den Heiligen innerhalb des linken Rundbogens alle durch Inschriften identifiziert werden können, zeigte der Künstler große Sorgfalt. Die Figuren zeichnen sich durch verschiedene Haarschnitte, Bartformen und Altersstufen aus und bestechen durch eine große Variation ihrer Typen.

Madlen Gulitsch

Anmerkung

Reber 1906: „Die Sendung des heiligen Geistes. In schmucklosem Gemache knieen und stehen die 12 Apostel, ein im Nimbus ungenannter (Paulus) noch unter der Tür, um die sitzende Maria. Oben die Taube. […] Abgesägte Innenseite des vorstehenden Altarflügelbildes gleicher Größe und Herkunft.“  (S. 1)

Bulle 1906: „Die älteste hier vertretene Kunststufe haben wir in zwei Bildern (Nr. 2, 3), die als Bayerisch um 1480 bezeichnet sind, die Enthauptung des Johannes und die Ausgießung des heiligen Geistes darstellend. Es ist eine in der Farbe harte, in den Bewegungen eckige und wenig lebenswahre Malerei, die im Vergleich etwa zu den gleichzeitigen fränkischen Meistern auf ein starkes Zurückbleiben deutet. Dennoch ist das Bild mit der Enthauptung, sobald man sich an seine harten Farben etwas gewöhnt hat, nicht ohne Reiz durch die eindringlichen, gotisch gespreizten Bewegungen und durch die altertümlich knappe und herbe Wiedergabe des Körperlichen.“  (S. 10)

Reber 1913: Kein Eintrag.

Haack 1921/22: Kein Eintrag.

Anmerkung: Abgesägte Rückseite von Kat.Nr. 2