008 | Die Passion Christi

Bezeichnung/Titel
Die Passion Christi
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
008
Inventarnummer (BStGS)
12989
Aktueller Aufbewahrungsort
Staatsgalerie im Schloss Johannisburg, Aschaffenburg
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906 - 1934
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
1540
Material
Lindenholz
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
64,4 x 41,9 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 9
Kurztitel
Seite
S. 9
Kurztitel
Seite
S. 191-192
Kurztitel
Seite
S. 15
Kurztitel
Seite
Nr. CC-ALT-390-000
Seite
Kat.-Nr. 7, S. 253 (Martin Schawe)
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0. Zusammenstellung der Einzelbilder von Nadine Raddatz 2017.
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das vorliegende Werk (Nr. 8) bildet die Mitteltafel eines kleinformatigen Flügelretabels aus der Werkstatt des in Süddeutschland und Österreich tätigen Malers Lucas Cranach d. Ä. (1472-1553). Das Triptychon hat sich vollständig erhalten, wurde jedoch in fünf Einzeltafeln gespalten, die heute mit jeweils einer eigenen Inventarnummer in der BStGS inventarisiert sind (Ermischer/Tacke 2007, Kat.-Nr. 7, S. 253 (Martin Schawe).

Thematisch behandelt das Retabel einzelne Stationen der Passion Christi, die sich auf die Mitteltafel sowie die Flügelinnenseiten des Werkes verteilen. Die hochformatige Mitteltafel zeigt eine vielfigurige Kreuzigungsszene mit mehreren Simultandarstellungen. Im Zentrum steht das Leidenswerkzeug Christi, das durch die Kreuze des guten und schlechten Schächers flankiert wird. Die Kreuze bestehen aus unbehandelten, T-förmig zusammengefügten Baumstämmen und wurden im rechten Winkel zueinander aufgestellt. Auf diese Weise ergibt sich eine dramatische Perspektive auf den frontal inszenierten Christus, dessen Lendentuch vom Wind aufgeweht wird, und die beiden anderen im Profil gezeigten Gekreuzigten. Auf dem Kreuzesstamm Christi ist das Cranachsche Schlangensignet mit liegenden Flügeln und die Jahreszahl 1540 abgebildet. Die untere Hälfte der Darstellung ist mit zahlreichen Figuren bevölkert, darunter einige Berittene und Soldaten, die ihre Hellebarden gen den sich nach oben stark verdunkelnden, wolkenbehangenen Himmel aufrichten. In der linken unteren Bildecke wird die ohnmächtige Muttergottes durch Johannes und drei weitere Frauen gestützt. Rechts sind einige Soldaten dabei, um den Mantel Christi zu würfeln. Hinter der Gruppe um Maria sitzt der Gute Hauptmann, der Christus als wahren Sohn Gottes bezeugt (Mk 15,39) in prunkvoller Rüstung und mit erhobener Schwurhand auf einem Schimmel (Ermischer/Tacke 2007, Kat.-Nr. 7, S. 253 (Martin Schawe).

Die Innenseiten der schmalen Flügel (Nr. 8a und 8b) sind jeweils in drei etwa 20 cm hohe Bildfelder unterteilt, die weitere Szenen der Passion schildern. Auf der Innenseite des linken Flügels sind dies: „Christus am Ölberg“, „die Dornenkrönung“ bzw. „Verspottung und die „Kreuztragung“. Auf der Innenseite des rechten Flügels setzt sich die Erzählung mit der Geißelung, der „Vorführung Christi“ (Ecce Homo) und der auf die Kreuzigung folgenden „Auferstehung“ fort (Ermischer/Tacke 2007, Kat.-Nr. 7, S. 255 (Martin Schawe). Die abgetrennten Flügelaußenseiten (Nr. 9 und 10) sind mit Darstellungen des „Christus als Schmerzensmann“ (links) und der „Muttergottes in Anbetung" (rechts) als Ganzfiguren vor einem dunklen Grund gestaltet. Martin Schawe beschreibt das Werk als „ein charakteristisches, routiniert gemaltes Gemälde aus der Werkstatt Lucas Cranachs d. Ä.“. Obwohl der Schmerzensmann durch hohe Qualität hervorsteche, könne laut Schawe nicht zwangsläufig von einer eigenhändigen Ausführung des Meisters ausgegangen werden (Ermischer/Tacke 2007, Kat.-Nr. 7, S. 255 (Martin Schawe). Als eine eindeutige Werkstatt-Kopie (Schulwiederholung) gilt dagegen ein weiteres Retabel im Besitz der BStGS (Inv.-Nr. 13254), das die Tafeln des obigen Passionstriptychons detailgetreu wiederholt (Schawe 2007, Kat.-Nr. 60, S. 315). Neben der deutlich geringeren Qualität dieses Retabels unterscheidet es sich vor allem durch die Rotfarbigkeit des Himmels von der gelungeneren Version in Erlangen (Kat. Ausst. Aschaffenburg 1975, S. 67).

Das Passions-Triptychon steht exemplarisch für die serielle Bilderproduktion der Cranach-Werkstatt, die durch die häufige Wiederholung beliebter Motive den damaligen Bedarf am Kunstmarkt befriedigte (Ermischer/Tacke 2007, Kat.-Nr. 60, S. 315 (Martin Schawe).

Madlen Gulitsch

Kurztext

Bei diesem Werk handelt es sich um ein dreiteiliges Flügelretabel aus der Werkstatt des erfolgreichen fränkischen Künstlers Lucas Cranach d. Ä. (1472-1553) aus dem Jahr 1540. Das kleinformatige Retabel schildert einzelne Stationen der Passion Christi mit einer vielfigurigen Kreuzigungsdarstellung auf der Mitteltafel (Nr. 8) sowie je drei Szenen auf den Innenseiten der Flügel. Der linke Flügel (Nr. 8a) zeigt „Christus am Ölberg“, „die Dornenkrönung“ bzw. „Verspottung“ und die „Kreuztragung“. Auf der Innenseite des rechten Flügels (Nr. 8b) setzt sich die Erzählung mit der „Geißelung“, der „Vorführung Christi“ (Ecce Homo) und der auf die Kreuzigung folgenden „Auferstehung“ fort. Auf den Außenseiten der Flügel sind „Christus als Schmerzensmann“, der die Kreuzigungsnägel in den Händen hält (Nr. 9), und die Muttergottes in anbetender Haltung (Nr. 10) dargestellt. Das Werk stammt ursprünglich aus dem Benediktinerkloster Tegernsee und wurde erst 1803 nach München überführt.

Die Werkstatt Lucas Cranachs war für eine serielle und standardisierte Produktion von Gemälden bekannt, wie sie es zuvor auf diese Weise noch nicht gegeben hatte. Beliebte Bildthemen und Kompositionen wurden immer wieder kopiert, um dem wachsenden Bedarf am Kunstmarkt entgegenzukommen. Auch von diesem Werk existiert heute noch eine weitere Version (BStGS, Inv.-Nr.: 13254), die sich von der Erlanger Ausführung durch kleinere Abweichungen und eine geringere Qualität unterscheidet.

Madlen Gulitsch

Anmerkung

Reber 1906: „Die Passion Christi. Figurenreiche Darstellung der Kreuzigung. Bezeichnet am Fusse des Kreuzstammes mit dem Künstlermonogramm und der Jahreszahl 1540. Mittelbild eines dreiteiligen Hausaltars.“  (S. 3)

Bulle 1906: „Die fränkische Malerei wurde nach Sachsen verpflanzt durch Lukas Cranach de. Ae. (nach seiner Heimatstadt Kronach in Oberfranken benannt, eigentlich Müller), von dem wir ein bedeutendes Werk in Nr. 8 besitzen. Das Mittelbild stellt die Kreuzigung dar, die Flügelbilder verschiedene Szenen der Passion, die abgesägten Außenseiten dieser Flügel den gegeißelten Christus und die Maria in großer Figur. Das Werk zeigt eine ungemeine Erzählerfreude und man findet immer von neuem in dieser Fülle von Figuren wahre Kabinettstückchen von realistischer Auffassung der Wirklichkeit, die sich bisweilen zum Derben, ja Grotesken steigert, z. B. in dem Kriegsknecht, der bei dem Sturze Christi unter dem Kreuz mit einer vulgären Geste die Maria verhöhnt. Das Bild ist am Kreuzestamm auf das Jahr 1540 datiert und hat das gedämpftere Kolorit aus der späteren Lebenszeit des Meisters, erkennbar an einer Vorliebe für eisengraue Töne und an einer eigentümlichen Art, die Schatten im Rot fast schwarz zu machen. Die Schlange, die als Werkstattzeichen am Kreuzesstamm angebracht ist, hat liegende Vogelflügel, während Cranach bis gegen 1537hin ihr stehende Fledermausflügel gar, eine Wandlung auf die mich Dr. Zucker aufmerksam macht.“  (S. 9)

Reber 1913: „Eine recht schöne Vertretung des Lucas Cranach d. Ä. (1472 - 1553) bietet das Passionstriptychon von 1540, durch Absägung der Rückseiten der Flügeltafeln auf fünf Stücke vermehrt. Das Mittelstück des Hausaltars zeigt die figurenreiche Darstellung der Kreuzigung, bezeichnet am Fuß des Kreuzestammes mit dem Monogramm und der oben gegebenen Jahreszahl. Der linke Flügel zeigt in drei Abschnitten die Ölbergszene mit der Ansicht von Jerusalem im Hintergrunde, die Dornenkrönung mit der Verspottung und die Kreuzschleppung mit Simon von Cyrene und einem den Frauen die Zuge zeigenden Kriegsknechte. Der rechte Flügel stellt in drei Abschnitten die Geißelung mit einem Geißelschwinger, der Christus beim Haar faßt, und einem die Dornenkrone mit einer Zange flechtenden Kriegsknecht, das Eccehomo mit den beiden herbeigeführten Schächern und die Auferstehung mit den vorn liegenden erwachenden Kriegern dar. Die vormalige Rückseite des linken Flügels gibt Christus als Schmerzensmann, blutüberströmt, in den auf der Brust gekreuzten Händen Geißel und Rute haltend, einen vorzüglichen Akt in ganzer Figur. Die einstige Rückseite des rechten Flügels bietet als Gegenstück die Mater dolorosa. (Aus der Zweibrückener Galerie.)“  (S. 191-192)

Haack 1921/22: „Unvergleichlich weniger günstig ist es um die oberdeutsche Schule bestellt. Zwar lesen wir hier die Namen DürerHolbein und Cranach. Und die Cranachschule ist auch mit einem sehr gut erhaltenen und bezeichneten Flügelaltärchen der Passion Christi aus dem Jahre ‚1540‘ vertreten, das in den charakteristisch klaren hellen Farben mit dem Lackrot und dem wundervollen saftigen Grün gehalten ist. Die kleinen deutschen Hintergrundlandschäftchen auf den verschiedenen Abschnitten bilden eine besondere Zierde des vielfach gegliederten Altarwerks.“  (S. 15)

Anmerkung: Mitteltafel des Kreuzungstriptychon

Corpus Cranach: http://cranach.ub.uni-heidelberg.de/wiki/index.php/CorpusCranach:Altarwerke#CC-ALT-390-000