019 | Vision des Ezechiel

Bezeichnung/Titel
Vision des Ezechiel
Bezeichnung (Gattung)
Gemälde
Katalognummer
019
Inventarnummer (BStGS)
27
Aktueller Aufbewahrungsort
Alte Pinakothek, München
Aufbewahrung (Filialgemäldegalerie)
1906-1910
Standort in der Orangerie
Herstellung
Hersteller (Person)
Herstellungsdatum
um 1530/40
Material
Eichenholz
Maße (Höhe/Breite/Tiefe)
93 x 69 cm
Literaturnachweis
Kurztitel
Seite
S. 5
Kurztitel
Seite
S. 193
Abbildungsnachweis
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München - CC BY-SA 4.0
Eigentümer
Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München
Wissenschaftliche Diskussion

Das hochformatige Gemälde zeigt den auferstandenen Christus mit muskulösem Körper, der auf einem mandorlaförmigen Band aus Wolken von den vier geflügelten Evangelistensymbolen empor getragen wird. Zwei Putti stützen seine Arme nach oben, um dem Betrachter die Wundmale der Hände zu präsentieren. Christus trägt ein weißes Lendentuch und einen roten, vom Wind aufgeblähten Mantel. Unterhalb des Wolkenbandes eröffnet sich dem Betrachter der Blick auf eine weitläufige Landschaft in Vogelperspektive. Der Hintergrund ist mit den Köpfen zahlreicher weiterer Putti verziert. Es handelt sich um eine freie Schilderung der Vision des Propheten Ezechiel (Ez 1,4–28), der am Fluss Kebar das Angesicht Gottes erblickt haben soll.  

Die Darstellung stammt aus der Hand des flämischen Künstlers Pieter Coecke van Aelst (1502-1550), der zu den „niederländischen Romanisten“, also zu den von der italienischen Hochrenaissance beeinflussten Künstlern gezählt werden kann (Castor 1994, Sp. 116). Laut einem Eintrag im „Schilder-Boeck“ Karel van Manders soll sich Coecke selbst eine Zeit lang in Italien, speziell in Rom, aufgehalten haben (Born 2008, S. 95). Zeitlich kommen hierfür sowohl die Jahre zwischen 1521 und 1524/25 als auch zwischen 1535 und 1537 in Frage (Born 2008, S. 95-107). In seinem Oeuvre zeigt sich Coecke insbesondere von Raffael (1483-1520) beeinflusst. Coeckes Werk in der Erlanger Galerie kopiert dessen „Vision des Ezechiel“, die sich heute in der Galleria Palatina in Florenz befindet. Raffael zeigt in seiner wesentlich kleineren Version jedoch nicht den auferstandenen Christus, sondern Gottvater – erkennbar an seiner älteren Gestalt und den fehlenden Wundmalen – in antikisierender Nacktheit mit einem Tuch über den Beinen. Das Werk wurde ursprünglich für Graf Vincenzo Ercolano aus Bologna geschaffen (Meyer zur Capellen 2005, Kat.-Nr. 60, S. 158). Coecke könnte es durch eigene Anschauung oder über eine der zahlreichen graphischen Kopien, die die Popularität der Schöpfung Raffaels bezeugen (Meyer zur Capellen 2005, Kat.-Nr. 60, S. 158f), rezipiert haben.

Die Erlanger Sammlung beherbergte noch ein weiteres Gemälde des Malers zur „Beweinung Christi“ (Nr. 20). Durch die Kunst Coeckes konnte indirekt die Malerei der italienischen Renaissance in Erlangen demonstriert wie auch deren Rezeption in den Niederlanden diskutiert werden.

Madlen Gulitsch

Kurztext

Die ursprüngliche Komposition dieses Werkes stammt vom berühmten Raffael (1482-1520), der hier von dem Flamen Pieter Coecke van Aelst (1502-1550) kopiert wird. Das Gemälde zeigt die Vision des Propheten Ezechiel, der am Fluss Kebar das Angesicht Gottes erblickt haben soll (Ez 1,4–28). Abweichend vom Gemälde Raffaels wird hier Christus – und nicht Gottvater – von den vier geflügelten Evangelistensymbolen (Mensch, Adler, Stier und Löwe) auf einem Wolkenband emporgetragen, während zwei Putti dem Betrachter die Wundmale des Auferstandenen präsentieren. Coecke zählte zu den sogenannten „niederländischen Romanisten“, die sich in ihrem Schaffen an der Kunst der italienischen Hochrenaissance orientierten. Auf der ersten Wand dieses Raumes finden Sie ein weiteres Werk des Künstlers (Nr. 20).

Madlen Gulitsch

Anmerkung

Reber 1906: „Niederländisch um 1540. Die Vision des Ezechiel. Christus auf Wolken, von den Evangelistensymbolen emporgetragen. Freie Kopie nach Raphael. [...] Stich des Enea Vico 1548 (Bartsch No. 8).“  (S. 5)

Bulle 1906: Kein Eintrag.

Reber 1913: „Von geringerer Bedeutung ist die von unbekannter Hand herrührende Kopie der Vision des Ezechiel nach Raphael, welche übrigens ebensowohl einem Utrechter als einem Vlamen der Zeit um 1540 zugeteilt werden kann.“  (S. 193)

Haack 1921/22: Kein Eintrag.

Unklar ist, weshalb Reber das Werk in seinem Kommentar von 1913 erwähnt, obwohl es die Filialgemäldegalerie laut Korrespondenzen bereits 1910 verlassen hat.